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Jarre: “Ich bin froh, dass ich endlich wieder in Wien spielen kann.”

Am 17-NOV bringt Jean-Michel Jarre die größte Bombast-Show aller Zeiten nach Wien. Ein 3-D Licht und Laser-Feuerwerk unter dem Motto Electronica. Das WEGOTIT-Interview über Bombast, “Stargast” Edward Snowden und die neue, für 02-DEZ erwartete Kult-CD Oxygène 3.

Sie haben innerhalb von kurzer Zeit zwei neue Alben released. Jetzt sind Sie Tour und im Dezember kommt dann Oxygène 3. Gönnen sie sich gar keine Pause?
Mein Leben wird immer verrückter (lacht) Das habe ich alles nicht so geplant. Als ich die Idee für die CD mit den Gaststars hatte dachte ich ja nicht dass alle gleich zusagen. Am Ende hatte ich 32 Songs und die musste ich irgendwie unterbringen. Und plötzlich hatte ich einen Song über: Oxygène 19 und daraus entstand dann die Idee zum 3. Oxygène Album. Meine Vorgabe an mich selbst war, dass ich dabei nur die alten Instrumente von damals verwende und das alles innerhalb von 6 Wochen einspielen muss. Verrückt. Aber Ich liebe es unter Druck zu arbeiten.

Und jetzt spielen sie den neuen Hit Oxygène 17 sogar schon vor der CD Veröffentlichung …
Das ist großartig, denn heute gibt es ja bei den Konzerten kaum mehr eine Überraschung. Doch früher war das früher so üblich und jetzt haben die Fans somit noch ein Grund mehr sich auf die Konzerte und erst recht auf die CD zu freuen.

Wie schwer ist es nach all den Bombast den sie schon aufgeführt haben eine neue Show auf die Beine zu stellen?
Das ist ein ständiger Kampf gegen die Grenzen und ich bin auch ständig daran die Show zu verbessern. Das ist eine komplexe Aufgabe mit all den 3D-Elementen und Projektionen. Dazu auch eine Sucht. Ich bin wirklich nach Musik und den Konzerten süchtig. Ich kann nichts anderes, weil ich nichts anderes gelernt habe und will auch nichts anderes machen. Und manche meiner Ideen sind wirklich verrückt: Warum muss ich innerhalb von sechs Wochen eine CD einspielen? Das ist doch verrückt. Aber genau dieser Irrsinn hält mich am Leben. Gerade mit dieser neuen Show fühle ich mich wie ein Anfänger. Ich habe ein neues Team, wir sind nur zu Dritt auf der Bühne somit ist das verdammt viel Arbeit. Aber das hält jung.

Sie sind 68 und Multimillionär. Warum tun sie sich das alles noch an?

Ich liebe die Herausforderung und das treibt mich an. Andere Künstler haben vielleicht ein paar Hits und ein paar Alben und dann wiederholen sie sich und werden langweilig. Aber ich stelle mich jedes Mal wieder neuen Herausforderungen und will immer besser werden. Vielleicht gelingt mir ja eines Tages wirklich der perfekte Song, das perfekte Album und die perfekte Show. Das wäre ein Traum.

Apropos Traum? Wie kamen sie auf die Idee zu den Duett-CDs Electronica, wo dann von den Pet Shop Boys bis Pete Townshend alle zugesagt haben?
Ich wollte dafür mit Leuten arbeiten die mich inspirieren, doch jeder sollte eine gewisse Verbindung zu Technologie haben. Dazu wollte ich den Menschen ein bisschen die Augen öffnen: Wir leben doch nur mehr in der Isolation. Wir verbringen doch heutzutage unser ganzes Leben nur mehr damit auf kleine Handy-Screens zu starren und vergessen dabei ganz auf die Kommunikation. Wer redet denn noch wirklich mit seinen Nachbarn? Wir Musiker sind ja noch schlimmer: Wir sperren uns die ganzen Zeit in irgendwelche Home-Studios ein und es gibt kaum mehr ein kreatives Zusammenspiel. Das wollte ich durchbrechen. Und das war wohl auch der Grund warum so viele meiner Gäste sofort zu-sagten und all ihre Termin-Pläne über den Haufen warfen.

Wie funktionierte die Zusammenarbeit?
Ich habe jeden von ihnen mit mehr oder weniger fertigen Songs konfrontiert, weil mir klar war, dass da nicht s viel rauskommt wird, wenn wir da von null anfangen. Jeder hat Idee und dann gibt’s zehn Ideen die zu nichts führen. Nein das wollte ich nicht.

Sie haben bei der Show auch Edward Snowden dabei …
Die CD vertont unser Leben mit der Technologie und als ich daran arbeitete kam die ganze Snowden-Causa hoch und die hat mich wirklich berührt. Ein junger Typ der für uns sein Leben riskiert. Der uns vor den Gefahren von Technologie warnt. So wie mich einst meine Mama, die ein große Nummer m französischen Widerstandskampf gewesen war, gewarnt hat. Denn jeder große Schritt in der Entwicklung wie z.B. Der Kampf gegen die Sklaverei oder der Kampf für das Wahlrecht der Frauen, wurde doch gegen Willen der Mächtigen gemacht. Das galt als Hochverrat. Und genau das macht Snowden heute. Und darum ist er so wichtig. Wir brauchen Leute die uns vor der Beobachtung der Obrigkeit schützen. Und riskiert da für uns ein Leben und ich hoffe dass er bald Russland verlassen darf.

Sind sie mit ihm noch im Kontakt?
Natürlich! Ich habe auch eine Petition laufen, die bereits von vielen Künstlern unterschrieben wurde,, dass er frei kommt. Die leite ich dann an Barack Obama weiter und denke dass er ihn jetzt zum Ende seiner Präsidentschaft begnadigen wird. Ich denke zwar nicht dass Snowden zurück in die USA darf, aber zumindest einmal Russland verlassen wäre ein richtiger Schritt. Das ist doch für Amerika eine Schande dass er noch immer in Russland sitzen muss und nicht nach z.B. Norwegen oder Österreich darf.

Ihre Österreich-Erinnerungen?
Ich bin froh, dass ich endlich wieder in Wien spielen kann. Denn ich beziehe viele meiner Inspirationen aus Österreich. Die ganze Klassische Musik und natürlich eure grandiose Electronic-Szene sind und waren für meinen Sound sehr wichtig. Deshalb stand Wien für diese Tour bei mir auch ganz oben auf der Wunschliste.

Warum soll ein Wiener Fan sein schwer verdientes Geld für ihr Konzert ausgeben?
Jeder der sich für Musik interessiert und für die neueste Technologie ist hier perfekt aufgehoben. Diese Show zeigt Dinge die man noch nie zuvor gesehen hat. Ich selbst schaue mir verdammt viele Konzerte an und bin oft schon nach wenigen Songs gelangweilt, weil ich genau weiß was bei der Show passieren wird. Doch ich entführe mein Publikum mit den neuesten Hightech-Standards auf eine Reise der Sinne. Ein 3D-Spektakel, das man eigentlich nicht versäumen darf.

Warum bringen sie jetzt Oxygène 3? Weil es mehr verkauft als eine „normale“ Jarre-CD?
Ich weiß und respektiere, dass die Plattenfirmen auch überleben müssen aber mir sind Verkaufszahlen egal. Das war ganz sicher nicht der Grund warum ich das mache. Oxygène ist sehr speziell, weil es extrem minimalistisch aufgenommen wurde. Fast nur mit Instrumenten von damals. Es gibt auch keine Songs, sondern nur einzelne Teile. Es ist eine Reise und damit ist die Saga nun zu Ende. Die Idee dahinter ist das man es einem durch hört, etwas das heute wo sich die ganze Menschheit im Durchzapping-Mode befindet, doch ungewöhnlich ist. Wir leben ja in einer komischen Entertainment-Welt: Einerseits ist alles das länger als drei Minuten dauert für viele sofort langweilig, andererseits schauen sich viele drei Staffel von Games Of Thrones im Dauerdurchlauf an. Da wäre es doch an der Zeit sich auch mal wieder auf ein komplettes Album zu konzentrieren. Das sind doch nur 40 Minuten. Da sollte man doch zuhören können.

Gibt es eigentlich irgendwelche Österreichischen Künstler mit denen Sie gerne arbeiten würden?
Es ist immer wieder die selbe alte Leier: Es gibt generell extrem viele Musiker mit denen ich gerne arbeiten würde und viele hab ich auch für mein Electronica-Projekt eingeladen, aber irgendwann musste ich stopp sagen. Wie gesagt, die österreichische Electronic-Szene ist großartig und ich bin schon mehr als interessiert daran, dass ich in Zukunft auch mit den Österreichischen Szene-Größen etwas aufnehmen werde.



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