Worth: “Erwartungen verficken nur dein Hirn”

Mit der zweiten CD Two liefert Christopher Worth alias Worth eine der spannendsten CD des Jahres. Am 20. 11. auch live in Wiener Haus der Musik. Das WEGOTIT-Interview.

Wie würden Sie selbst Ihre Musik beschreiben?
Es kommt vom Soul, ist aber nicht Soul. Es kommt vom Gospel, was übersetzt “das gute Wort bedeutet”, ist aber nicht Gospel. Es kommt vom Folk und es kommt vom Rock N’ Roll. Am besten könnte man meinen Sound wohl als “Bohemian-Blues-Hop” beschreiben und am ehesten würde ich meinem Sound mit dem Klassiker Smile von Brian Wilson vergleichen. Vielleicht nicht ganz so abstrakt.

Auf ihrer aktuellen CD Two sind gleich 24 Songs…
Ich lehne mich gegen alle Zwänge der Musikindustrie auf. Meine Alben sind wie Theaterstücke geschrieben. Denn ich bin Künstler und jeder Song muss seine Geschichte erzählen. Und oft muss ich die Songs dann extra an diese Story hinbiegen. Nicht selten frage ich mich dann: ist es zu poppig für die Kunst-Leute? oder zu künstlerisch für den Pop? Aber das ist eine coole Gratwanderung. Vielleicht wird man auch erst in paar Generationen begreifen, was ich da mache und mich erst dann wertschätzen. Aber so lange ich jetzt davon überleben kann soll es mir recht sein. Denn für meine Kunst werde ich keine Kompromisse eingehen.

Wären sie nicht jetzt schon gerne reich?
Geld ist bloß Ablenkung! Geld ist nicht schlecht per se, aber es ist nicht mein Fokus. Kunst ist wichtiger. Das ist ein Geschenk. Und deshalb veröffentliche ich meine Musik auch unter dem Namen Worth.

So wie Sara Jackson-Holman kommen auch sie aus Portland. Ist Portland die neue Musikhauptstadt Amerikas?
Sara habe ich erst kürzlich in Österreich wieder getroffen. Sie kommt zwar auch aus meiner Heimatstadt Portland, aber wir haben uns dort vorher erst ein einziges Mal, vier Tage bevor wir nach Europa aufbrachen, getroffen. Ja, scheinbar ist Portland wirklich die neue Musikhauptstadt. Es gibt dort eine guten Vibe, weil das Mojo andere Mojos anzieht. Denn Kunst passiert niemals alleine, das ist immer eine Welle. Das war in den 90ern in Seattle schon so. Aber jetzt ist es noch wichtiger, denn die Schere von Mainstream und Geld geht immer wieder auseinander.

Es gibt mit Musik immer weniger Geld zu verdienen…
Das ist natürlich Scheiße, denn ich wäre gerne reich. Aber Geld alleine zählt nicht. Die größte Kunst die auf dieser Welt geschaffen wurde hatte kaum mit Geld zu tun. Viele der größten Künstler wurden zu ihren Lebzeiten nicht geschätzt.

Mozart starb ohne einen einzigen Cent…
Kunst dreht sich eben nicht um Geld. Viele der großen Kathedralen z.B. wurden doch auch erst von den Enkel der Baumeister fertiggestellt. Doch Kunst ist ein spiritueller Auftrag. Und auch das Leben ist ein spiritueller Auftrag. Und für mich sind viele Mainstream Acts keine Künstler, sondern Handwerker einer Formel. Ein Produkt. Das ist fein. Wir brauchen das. Aber das ist nicht so wichtig wie die Kunst.

Gibt es heutzutage denn zu viel Musik?
Gibt es denn so etwas wie zuviel Musik? Gibt es zu viele Menschen? Gibt es zu viel Kreativität? Gibt es zuviel Schönheit? Das ist alles unwichtig. Es gibt nicht zuviel, es ist nur viel schwieriger geworden das alles zu finden. Aber wir werden eine neue Renaissance erleben. Vielleicht in 20 Jahren, wenn endlich die ganze Geld-Scheisse unwichtig geworden ist. Jetzt geht es nur um den Hype, weil wir viel zu gut darin sind, Dinge zu verkaufen. Und so wurde das Verkaufen ist wichtiger als die Kunst selbst. Und wenn das so weiter geht sind wir am Arsch.

Wie kamen sie zur Musik?
Bis ich 20 war habe ich nicht gesungen und dann wollte ich Schauspieler werden. Und da musste ich dann in einer Show singen. So hat es angefangen. Auch weil mir mein Schauspiel-Lehrer erklärte, dass jede menschliche Regung auf Sexualität beruht. Und dann hörte ich die CD Voodoo von D’Angelo und wusste was er meinte. Ich habe auch lange als Hip-Hop-DJ gearbeitet, weil diese Musik mir das Hirn geöffnet hat. Nur der heutige Hip Hop ist nur mehr Scheisse. Da denke ich nur mehr: Wollt ihr mich verarschen? Seit ihr alle gestört?

Woran krankt die Musik-Szene?
Irgendwann entschieden die Macher, dass man Schönheit durch Jugend ersetzen muss. Auch weil man das leichter an Teenies verkaufen kann. Dadurch wurde alles total verblödet. Heute spricht man von 14-jährigen “Künstlern”. Schwachsinn, denn mit 14 kann man doch niemals Künstler sein! Es funktioniert, aber es es ist falsch. Denn die Kunst ist zu wichtig. Doch heute geben die Amis lieber 10 Dollar für 2 Bier aus, als für einen Konzert-Abend mit vier Newcommer-Bands. In Europa ist es etwas besser, aber in Amerika ist es echt schlimm: No one gives a fuck!

Sie spielen nicht nur in den Konzert-Hallen, sondern geben oft auch spontane Strassen-Shows…
Das ist der letze echte Grenzgang der Kunst. Da gibts keine Erwartungen. Weder vom Publikum noch von mir. Und gerade Erwartungen, sei es nun Erfolg, Geld oder Ruhm, verficken nur dein Hirn. Und deshalb spiele ich diese spontanen Strassen-Konezrte. Weil keiner weiß was da passiert. Das ist ein irres Momentum. Das lässt sich nicht wiederholen. Entweder du warst dabei oder eben nicht. Dazu verdiene ich damit oft mehr als mit meinen “normalen” Konzerten. In Genf habe ich z.B. in nur 20 Minuten 500 Euro kassiert. Vielleicht mache ich ja mal eine TV-SHow darüber: “Die Musik Terroristen!”



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