Mehr Flugakrobatik als P!nk, eine bombastischere Show als Madonna und Coverversionen von Kings Of Leon bis Tina Turner. Helene Fischer füllt mit ihrer opulenten Schalger-Revue Farbenspiel am 30-JUN und 01-JUL zwei Mal das Happel Stadion. Gestern (02-JUN) gab’s den Tourstart in Rostock. Die WEGOTIT-Kritik.

Am 24. und 25-OKT spielte Helene Fischer ihre Farbenspiel-Show in der Wiener Stadthalle, am 30-JUN und 01-JUL kommt sie mit dem Farbenspiel Open Air ins Ernst Happel Stadion – doch dazwischen liegen Welten, denn die Schlager-Queen bot schon gestern (02-JUN) beim Tourstart in Rostock keinen müden Abklatsch vom Vorjahr, sondern hat wirkliche eine (fast) komplett neue Show einstudiert!

Vom Opener Unser Tag, bei dem sie zu Dutzenden Feuerwerksalven aus einem Märchenszenario entstieg, bis zum 10-Minütigen Mitsing-Finale Atemlos durch die Nacht lieferte Fischer in Rostock für 25.000 Fans eine 140 minütige Bombast-Show, die von Madonna bis Beyonce die Konkurrenz alt aussehen lässt: eine kitschig-opulente Kristall- und Traumwelten-Kulisse, ein Rumdumsteg durch die Fans, Zusatz-Bühnen am anderen Ende des Ostseestadion, sieben Kostüme von Abendrobe über Schlosser-Montur bis Hot Pants- die allesamt 2014 nicht dabei waren, ein akrobatischer Trapez-Flug über die Fans, Discokugel, und Jackson-artiger Massentanz.

Das Motto der vier Jahreszeiten mit den riesigen Baum als Kulisse hat sie von der 2014er Tour beibehalten – sonst ist aber (fast) alles neu. Zum Eröffnungs-Part rund um Und morgen früh küss ich Dich wach trägt sie ein zauberhaftes gelbes Kleid samt atemberaubenden Dekolleté. Bei Fehlerfrei reißt sie kess die Kleider-Schleppe weg und rockt in heißen goldenen Mini-Pants weiter, lässt sich von ihren Tänzer meterhoch in die Luft werfen. Dann sucht sie von der Bombast-Bühne aus mit einem Suchscheinwerfer auf den Gegenrängen „den am weiteste entfernten Fan” – zeigt ihn dann am Screen und knipst davor ein Selfie. „Diese Show widme ich nur dir!“

Nach einem Klassik-Intermezzo aus Vivaldis Vierjahreszeiten kommt sie als Eiskönigin wieder. „Lasst uns doch allen mit einer großen Sehnsucht dem Alltag entfliehen. Vielleicht gelingt es uns ja gemeinsam heute die Augen oder noch viel besser unsere Herzen zu öffnen.“ Die Bühne ist nun eine Winterlandschaft mit riesigem Baum, Eisbrücken und Schnee-Kristallen. Zum Peter Maffay Cover Ich wollte nie erwachsen sein und dem Mitsing-Hit Vergeben, vergessen und wieder vertrau’n toben zwei Tänzer auf Stelzen über die Bühne und bei Feuerwerk kürt sich Fischer wie schon 2014 zur Eiskönigin und zündet dazu ein Dutzend Feuer-Fontänen. Nur das noch letzte Woche bei der Generalprobe in Düsseldorf dargeboten Evanescence Cover Bring Me to Life lässt sie diesmal aus.

Eine riesige Discokugel, 12 Tänzer in Partystimmung und der LMFO-Hit Party Rock Anthem läuten den Coverversionen-Teil ein: Nach Seven Nation Army (White Stripes) rekelt sich Fischer zum Westernhagen-Klassiker Sexy lasziv auf einer roten Kuss-förmigen Couch. Nur der eigenartiger Jeans-Overall den sie nun trägt schaut dabei recht unsexy aus. Zu Grönemeyers Männer fetzt sie wieder auf den Rundsteg durch die Fans und überrascht dort auch mit Sex on Fire (Kings Of Leon) und The Best (Tina Turner). Nach soviel Rock-Power, die in der Fischerschen Zeitrechnung wohl Silvester symbolisieren soll, wird’s nach Mit keinem Andern und einen weiteren Klassik-Intermezzo wieder verträumter.

Den Frühling eröffnet sie mit So kann das Leben sein und steigt dabei aus einer riesigen Blume. Diesen Gag gab’s schon 2014 – nur der Song dazu ist neu und geht auch gleich nahtlos in das Bryan Adams Cover (Everything I Do) I Do It For You über. Sie trägt jetzt ein kesses rosa 30er-Jahre Rüschen-Kleidchen und rekelt sich dabei zu Ich habe Fieber verführerisch im Rotlicht. Bei Ich will immer wieder dieses Fieber spür’n kommt die neue Helene Fischer Handy-App zum Zug: 25.000 Fans verwandeln das Ostseestadion in ein ferngesteuertes Lichtermeer.

Nach dem letzten Klassik Intermezzo nimmt Fischer den Mitsang-Hit Von hier bis unendlich beim Wort: Am Trapez Seil fliegt sie – so wie sonst nur P!nk – minutenlang quer durchs Stadion. Mal ganz nah am Boden, dann wieder in schwindelerregenden Höhen. Mal ganz Langsam, dann wieder Pfeilschnell. Dabei dreht sie Pirouetten und fliegt auch Über-Kopf. Das hat sich selbst P!nk nicht getraut. Fischer landet schließlich auf einer Zweitbühne am anderen Ende des Stadions und startet mit Ein kleines Glück ein kurzes Unplugged-Set. Beim Bette Midler Klassiker The Rose beweist sie im eigenartigen Grünen Pulli ihr Bieder-Fräulein-Image: „Ihr erinnert euch doch sicher noch an den Song zu dem ihr das erste Mal geküsst habt. Oder den Song bei dem ihr das erste Mal … das Licht ausgedreht habt“ – selbst in der größten Konzert-Euphorie kommt der Sauberfrau das schmutzige Wörtchen „Sex“ nicht über die Lippen. Da segelt sie lieber bei Die Hölle morgen früh wieder zurück auf die Hauptbühne, um nach 130 Minuten erst Mal „Goodbye“ zu sagen.

Zur Zugabe rockt sie in einer ebenso teuren wie hässlichen Grauen-Glitzer-Leggings-Grauer-Schlabber-Pullover-Kombination den zweitgrößten Hit Phänomen und dann nach einer halb-witzigen „Gute Nacht, das war’s“-Ansage den allergrößten gleich drei Mal anzustimmen: Atemlos durch die Nacht gibt’s als Unplugged-Version, in der umjubelten Disco-Variante und dann noch mal für alle Fans zum mitsingen. Am 30-JUN und 01-JUL dann auch in Wien.

Das war die Setlist in Rostock (02-JUN-2015):
Unser Tag
Und morgen früh küss ich Dich wach
Fehlerfrei/Sexy Back (Justin Timberlake Cover)
Mitten im Paradies
Wunder dich nicht
Marathon
Te quiero
Klassik Intermezzo
Ich wollte nie erwachsen sein (Peter Maffay Cover)
Vergeben, vergessen und wieder vertrau’n
Feuerwerk
Medley:
Party Rock Anthem (LMFO Cover)
Seven Nation Army (White Stripes Cover)
Sexy (Westernhagen Cover)
Männer (Herbert Grönemeyer Cover)
Sex on Fire (Kings Of Leon Cover)
The Best (Tina Turner Cover)
Mit keinem Andern
Klassik Intermezzo
So kann das Leben sein / (Everything I Do) I Do It For You (Bryan Adams Cover)
Ich habe Fieber / Fever (Peggy Lee cover)
Ich will immer wieder dieses Fieber spür’n
Klassik Intermezzo
Von hier bis unendlich
Ein kleines Glück
The Rose (Bette Midler cover)
König der Herzen
Hundert Prozent
Die Hölle morgen früh
Zugaben:
Phänomen
Atemlos durch die Nacht