15 Minuten lang war Lady Gaga heute (02-NOV) in der Stadthalle Weltklasse – beim überragenden Unplugged-Set. Der Rest war ein belangloser Hi-Tech-Overkill mit einer besoffenen Interpretin. Die WEGOTIT-Kritik.
Alien, Octopus oder Stripperin – der Fasching beginnt zwar offiziell erst am 11. 11., doch Lady Gaga zeigte schon heute in der Stadthalle die irrsten Kostüme. Vor 11.000 Fans ließ die Pop-Sirene ihre ArtRave: The Artpop Ball-Show zum gigantischen Maskenball ausarten. Eine 130- minütige Pop-Orgie voll Sex, Bombast, den abgefahrensten Verkleidungen und viel Alkohol. Dazu irre Verspätung – Gaga startete ihr Österreich-Konzert erst um 21.15 – fast eine Stunde später als geplant. Wohl auch weil sie vorab etwas zu tief ins Glas schaute und die Show volltrunken absolvierte.
Schon zum Opener ARTPOP kam Lady Gaga als Alien über die Stadthalle nieder. Mit blauem Glas-Babybauch und Plüschflügerln erschien sie durch eine Luke im Bühnenboden. Die Bühne für ihr viertes Wien-Konzert war eine skurrile Märchenlandschaft. Mit Teletubbies-Häschen, verwinkelten Stegen quer durch die Fans, grellen aufblasbaren Plastik-Palmen und einem Eisberg. Dort hatte Gaga ihr Klavier versteckt. Bei G.U.Y. zeigte sie Jackson-artigen Massen-Tanz lieferte dazu nicht ganz jugendfreien Nahkampf mit einem halbnackten Tänzer. Kreischte dazu ständig “Vienna” und “Put your fucking Hands up. Und steht auf! Das ist verdammt noch mal kein Sitzkonzert”
Im zweiten Akt Venus zeigte sie zu Welthits wie MANiCURE, Poker Face (war in Österreich 2009 unglaubliche 12 Wochen lang auf Platz eins) oder Just Dance viel Haut: knapper BH, Mini-Slip und Amy-Winehouse-artiger Perücke. Dazu lallte sie volltrunken, schnallte sich ein Keyboard in Seepferdchen-Form um und ließ auf den Stegen riesige Neon-Plastik-Palmen hochfahren.Als Octopus mit riesigen Plastik-Tentakel stimmte sie im Partynauseous-Teil den Klassiker Paparazzi in einer ungewohnten Slow-Motion Version dar und thronte bei Do What U Want in einer überdimensionalen Glas-Hand, die fast bis zur Stadthallen-Decke hochgefahren wurde.
Als Highlight und genialer Kontra-Punkt zu all dem Kitsch-Bombast setzte sich Gaga nach gut einer Stunde ans Klavier und spielte ihre größten Hits und das 4 Non Blondes Cover What’s Up unplugged und ganz ohne Brimborium. Ein genialer Schachzug, der endlich ihre wahre Klasse verdeutlichte! In Wien spielte sie dabei mit What’s Upund Dope sogar 2 Songs mehr als beim Tourstart in Istanbul. Für Born This Way holte sie sich sogar zwei Fans auf die Bühne – und sprach starke Worte gegen Homophobie . “Alle die sich in der Nähe von Schwulen unwohl fühlen, können gleich die Halle verlassen!”
Diese 15 Minuten lang war Lady Gaga in Wien heute wirklich der beste Popstar der Welt. Ganz ohne Band und Brimborium, dafür aber mit unglaublich viel Gefühl, Witz und Können. Stimmlich perfekt und plötzlich auch nahbar. Dass sie dabei auch noch zwei Jungs aus dem Publikum neben ihr Platz nehmen ließ machte das Pop-Alien erstmals menschlich. Ein wohltuender Kontrast zu der Überladenen, leicht konzeptlosen Show.
Doch viel zu schnell war dieser überragende Moment vorbei und Gaga setzte wieder ihre Pop-Orgie fort. Ließ gleich wieder den Kostüm- und Bombast-Overkill folgen: hautenge Latex-Hose und Neon-Perücke für The Edge Of Glory. Heiße Sexspielchen am Lotterbett bei Sexx Dreams, das überraschend eingeschobene Cher Cover Bang Bang (My Baby Shot Me Down) und sogar einen Busenblitzer! Denn für den letzten Act Ratchet mit den Welthits Bad Romance und Applause zog sich Gaga in der Stadthalle gleich mitten auf der Bühne um. Posierte dabei auch Oben Ohne! Dazu nuckelte sie wieder und wieder genüsslich an der Bieflasche: “Oh Zipfer, lecker”
In Summe: Eine Kostüm-Revue die trotz Hit-Stakkato – 25 Songs in 130 Minuten –, schrillster Faschings-Verkleidung, Alkohol-Aufreger und Busen-Blitzer kaum wirkliche Akzente setze. Gaga als betrunkenes Space Alien in Wien war nett, Gaga unplugged jedoch die wahre Sensation.
Das war die Setlist in Wien (01-NOV-2014):
ACT: artRAVE Intro
ARTPOP
G.U.Y.
Donatella
ACT Venus:
Venus
Willkommen, Bienvenue, Welcome (Liza Minelli Cover)
MANiCURE
Just Dance
Poker Face
Telephone
ACT Partynauseous:
Paparazzi
Do What U Want
What’s up (4 non Blondes Cover)
Dope
Yoü and I
Born This Way
ACT Jewels N’ Drugs:
The Edge of Glory
Judas
Aura
Sexxx Dreams
Mary Jane Holland
Alejandro
ACT Cheek to Cheek
Bang Bang (My Baby Shot Me Down) (Cher Cover)
ACT Ratchet:
Bad Romance
Applause
Swine
Zugabe:
Gypsy
